Halbzeit

25 07 2010

Nun sind wir also schon seit 5 Wochen auf unserer kleinen Farm – und 5 Wochen liegen nun noch vor uns! Zwischendurch würde man am liebsten alles hinwerfen und den kleinen, grünen Pflänzchen den Rücken kehren, aber meistens berappelt man sich dann wieder recht schnell und hat als große Motivation dann vor allem eines: Geld! Und eine Menge Spaß.

Was bisher geschah… der verlorene Sohn ist wieder aufgetaucht. Vince ist jetzt nun wieder unter uns und hat sich um 180 Grad gedreht, allerdings nicht grad zum Guten für uns – er scheint jetzt den Boss raushängen lassen zu müssen, was ihm allerdings nicht sehr glaubwürdig gelingt und somit ist er in unserer Gunst um einiges gefallen. Vor ein paar Tagen durften wir uns anhören, dass wir doch bitte den Mund zu halten haben während der Arbeit, schließlich sollen wir keinen Spaß haben sonst schickt er uns nach Hause. Ich habe mich für einen Moment in die Grundschule zurückversetzt gefühlt und musste denn herzlich in mich herein lachen. Ansonsten tangiert mich das sehr geringfügig, denn ich weiß, dass wir hier einen guten Job machen und hart für unser Geld arbeiten. Zudem ist das hier alles das reinste Entertainment und gleicht einem schlechten Film aus einer Vorstadt.  Dafür hat sich auch sein Vater um 180 Grad gewendet. Es gibt eben immer den guten und den bösen Cop. Roberto scheint uns sehr zu mögen, besonders Carla, und somit haben wir ein leichteres Leben auf der Farm. Dadurch dass wir nun zu den Mädels gehören, die mitunter am längsten hier sind, eigentlich am längsten, da wir die letzte Woche eine Fuhre neuer bekommen haben, sind wir diejenigen die neue Mädels einarbeiten, die Maschinen führen dürfen und denen man vertraut. Roberto, unser kleiner Alkoholiker, war gerade erst vor ein paar Tagen bei uns abends im Haus und hat uns ein Bier ausgetan und mit uns gequatscht. Dabei hat er uns mal wieder interessante Dinge aus seinem Leben erzählt, warum er manchmal so sauer wird und aus der Haut fährt und dass er uns vermissen wird, wenn wir nicht mehr da sind, weil wir doch so fröhliche Menschen sind und er es toll findet, wenn zwei Schwestern so reisen, denn immerhin ist er auch damals mit seinem Bruder nach Australien gekommen. Wir haben festgestellt, dass er ein garnicht so schlechter Mensch ist, wenn man ihn und sein Vorgehen erst einmal versteht – und seine Sprache, die wir „Basil“ getauft haben, versteht. Carla ist sein Liebling, das hat er so wörtlich gesagt und nun fühlen wir uns viel wohler und haben keine Angst mehr vor jedem kleinen Ausraster oder Pups den er quersitzen hat. Wir lächeln drüber oder lächeln ihn einfach an und werden auch meist augenzwinkernd zurück angelächelt. Was hat sich noch verändert? Die Arbeit ist die gleiche stumpfsinnige tagein und tagaus. Wir pflücken Basilikum – meist grünen, manchmal aber auch Thai oder Purple Basilikum. Alles geht nach Schnelligkeit. Qualität zählt aber auch. Dann packen wir ab und zu und machen Boxen, welche wir dann mit Tüten bestücken, um dort dann später schnellstmöglich, wieder in Akkordarbeit, den Basilikum drin einzupacken. Zwischendurch darf man auch mal den Basilikum schneiden und waschen und ausschütteln und trocknen und dabei wenden – aber nur selten kommt es dazu, da wir zu gute Pflücker sind, als dass sie uns in das Lager stecken.  Alles nicht sehr geistesanregende Arbeit und so kriegt man hier so langsam nach 5 Wochen das Gefühl zu verblöden, aber auch das werden wir verwinden.

Diese Woche kam eine neue Aufgabe hinzu. Wir haben Setzlinge, kleinen Babybasilikum, gezogen, welche daraufhin auf neuen Feldern wieder eingepflanzt wurden. Ich durfte aber diese Woche richtige Farmerarbeit leisten, denn ich durfte den Traktor fahren – das war toll! Nun versteh ich warum jeder kleine Junge gerne Traktor fahren möchte. Und ich „durfte“ die Bewässerungsanlage mit den Männern umsetzen, was mich ganz schön ins Schwitzen gebracht hat. Aber so vergehen die tage recht schnell, wenn man mal etwas Abwechslung drin hat und ich komme zu dieser Ehre, weil ich wie gesagt schon recht lange hier bin und sie wissen, dass ich was im Kopf habe (Zitat Vince!!!) und ich gutes Englisch spreche. Bei manchen Mädels hier kräuseln sich meine Fussnägel, wenn man sie Englisch sprechen hört, aber dafür sind sie ja wohl in Australien, um die Sprache zu lernen – wir haben eben andere Beweggründe. Und nun die Topstory der Woche: Ich bin in der Zeitung! Vor etwa eineinhalb Wochen war ein Reporter da, der Roberto interviewt hat und dann ein paar Fotos von uns gemacht hat – und ich bin drauf noch mit zwei anderen Mädels. In der „Townsville Bulletin“. In dem Artikel geht es darum, dass immer mehr Produkte aus dem Ausland über Neuseeland importiert werden und er ist zum Schreien komisch, denn dort heißt es:“Any oft he three backpackers could quit picking basil for Angelo any time and get a job as a supermodel, but they are laughing away … it‘s obious that they enjoy the work…  It’s no wonder that Angelo is a happy man“. Ja, wir genießen unsere Arbeit und ja, natürlich sehen wir gerade auf dem Feld aus wie Supermodels. Unglaublich lustig, aber wer kann schon als backpacker behaupten in einer australischen Zeitung gewesen zu sein?! Und Roberto, alias Angelo, konnte dem Reporte nur beipflichten, dass ja besonders ich sehr hübsch aussehe auf dem Foto….

Neben der Arbeit! An den Wochenenden, die ja hier nur aus einem Sonntag bestehen sind wir bis jetzt oft nach Cairns gefahren. Einfach mal raus – weg von der Farm – unter Menschen. Dort haben wir uns noch zweimal mit Henning getroffen, unsere liebe, treue Seele, mit dem wir ja auch in Airlie Beach unsere Whitsunday Tour gemacht haben. Und hiermit möchte ich ihn gerne zitieren, und ihm für diese lieben Worten danken und sie gleichzeitig an all die tollen Menschen richten, die wir bis jetzt auf unserer Reise kennen gelernt haben:

„Bei einer Reise sind es nicht nur die Sehenswürdigkeiten, sondern vielmehr die wundervollen Menschen, wie ihr es seid, die meine Reise zu etwas ganz besonderem machen!“

Danke! Man lernt sicherlich viele Menschen kennen und hat mit vielen Spaß und interessante Gespräche oder teilt etwas anderes, aber wenige passen wirklich zu einem. Dennoch haben wir bis jetzt schon wirklich tolle Menschen getroffen und ich hoffe sie alle wiederzusehen. Auch hier auf der Farm hatten wir erst diese Woche drei Abschiede von drei tollen Mädels, die uns jetzt schon sehr fehlen. Man sucht sich eben seine „neue“ Familie so zusammen und ist immer wieder traurig, wenn man sie wieder verlassen muss – wie das eben im wahren Leben mit der Familie und den Freunden auch so ist.

Ansonsten versuchen wir am Sonntag immer etwas auszuschlafen, was uns bis jetzt noch nicht so gelungen ist. Es ist meist Waschtag. Und man möchte wie gesagt diesem Ort hier entfliehen. Letztes Wochenende stand allerdings ganz im Zeichen von Mareeba, denn es war Rodeo. Yihaa! Freitagabend ging s auf die Parade, welche durch die Stadt führte. Alle Einwohner von Mareeba, ganze 10.000, und das ganze Umland war gekommen, um dieses Ereignis nicht zu verpassen. Die Parade ist ein wenig wie Karneval, nur hundertfach kleiner. Umzugswagen, auf denen die zur Wahl gestellten Rodeoköniginnen sassen, Bonbons wurden geworfen, es war Rummel und sonstiges – und wir Basilikummädels mittendrin. Endlich mal was los in Mareeba. Endlich mal unter Menschen. Männer. Und viele Pferde. Das eigentliche Rodeo fand dann Samstag und Sonntag auf dem Rodeoplatz statt – etwa wie eine Manege – und die Cowboys unter sich, wie man es aus den Filmen kennt. Harte Jungs, ganze Männer, in Jeans, mit Hüten und Stiefeln, die auf Bullen und Pferden reiten und wie Helden gefeiert werden. Ein Volksfest auf Australisch. Und wir Mädels mittendrin in unseren karierten Blusen, ganz angepasst an die Umwelt. Allerdings waren wir erst am Sonntag auf dem Rodeo, denn am Samstag mussten wir wie immer arbeiten und waren abends bei unserer koreanischen Kollegin auf dem Campingplatz zum Dinner eingeladen. Sie hat für uns koreanisch gekocht, unglaublich lecker, und wir hatten einen ganz tollen, lustigen Abend und haben uns köstlich über ihre geringen Deutschkenntnisse amüsiert. Denn was lernt man immer zuerst in einer Fremdsprache? Die Schimpfwörter. Und das im Kanon mit ihrer Freundin, mit einem koreanischen Akzent, so dass man erst beim dritten Hinhören versteht, was eigentlich gemeint ist. Nach diesem kleinen Ausflug nach Asien ging es dann also am Sonntag wieder zurück nach Australien. Ins tiefste Australien – zum Rodeo. Wir haben gesehen wie Männer auf Bullen reiten, wer hält sich am längsten oder eben auf Pferden, die bocken. Manchmal konnte man garnicht hinschauen, weil es einfach nur grausam war und man Angst vor erst zunehmenden Verletzungen hatte. Tatsächlich hinkten einige Cowboys nach ihren Auftritten und auch für die Tiere ist es nicht wirklich angenehm. Aber im Großen und Ganzen war es ein Erlebnis, dass man in Australien zumindest einmal mitgemacht haben sollte – wir können es also von der Liste streichen. Außerdem waren wir gestern im Autokino. Für uns beide das erste mal überhaupt und hier auf dem Land der absolute Hit. In Mareeba gibt es gar kein anderes Kino sondern nur das Autokino. Man sitzt entweder in seinem Van hinten auf der Matratze, hat den Kofferraum offen oder mit Campingstühlen auf der Ladefläche seines Pick-Ups oder eben ganz normal im Auto. Es laufen zwei Filme, es gibt ein Cafe, in dem man sich mit Leckereien versorgen kann und den Ton kriegt man über Boxen, die man sich an die Fenster klemmt oder über eine bestimmte Radiofrequenz. So sitzt man dort also unter diesem wunderschönen, klaren Sternenhimmel und guckt Filme auf einer überdimensional großen Leinwand und kuschelt sich ins Auto. Einem Mädel von uns ist danach der van abgekackt, aufgrund des Radio, was über 3 Stunden lief, aber darauf ist man dort eingestellt, schliesslich passiert das dort des Wochenende. Und so war schnell Starthilfe gegeben und man wurde noch einmal schnell vor den Kängurus gewarnt, die derzeit vermehrt auftreten und ja gerade nachts gerne von den Scheinwerfern der Autos angezogen werden. In Deutschland warnt man vor Strassenglätte oder Rehen auf der Fahrbahn – hier eben vor Skippy.

So ergeht es uns also auf der Farm – und nebenbei. Wir haben viel Spaß und machen das Beste aus unserer Zeit und ab jetzt wird runter gezählt. Zudem planen wir gerade einen Trip nach Indonesien – die Reise nach Bali wird also ausgedehnt, aber es steht noch nichts genaues.

Und nun zu eurer aller Information: das Päckchen, welches wir am 12. April in Saigon/ Vietnam, mit der Post verschickt haben, ist gut im heimatlichen Hafen angekommen. Dort warten nun also unsere ersten Souvenirs auf uns.

 

Sobald es wieder tolle Geschichten von unsere kleinen Farm gibt, lasse ich es euch wissen. Bis dahin…



Unsere kleine Farm

4 07 2010

Wir sind nun also auf unserer Basilikumfarm angekommen. In Mareeba! Etwa 70 Kilometer westlich von Cairns. Aber erst einmal noch kurz etwas dazu wie wir hier hergekommen sind.

 Wir sind am Donnerstag, 17. Juni 2010, in Brisbane losgefahren und haben am ersten Tag etwa 500 km nach Gladstone zurückgelegt. Am Morgen hieß es aber erst einmal Abschied nehmen von Charlie und Maddie, die mit dem Flieger Richtung Airlie Beach geflogen sind, wo wir sie am nächsten Tag dann treffen sollten. In Gladstone haben wir eine Nacht auf einem Camping Platz verbracht, wo wir die Deutschen Jungs getroffen haben mit denen wir vorher schon in Brisbane waren und ordentlich unseren Sieg über Australien gefeiert haben. Gladstone hat, soweit wir das von einer kurzen Stadtbegehung beurteilen können, nicht wirklich viel zu bieten und von daher waren wir nicht traurig am nächsten Morgen weiter zu fahren. Freitag ging es also um 7 Uhr morgens weiter Richtung Airlie Beach. Sven und Henning, unsere neuen deutschen Freunde, waren mit von der Partie. Wir fuhren im Luzieland und sie in ihrer Rosie. Airlie Beach ist der Ausgangspunkt für Ausflüge auf die Whitsunday Islands. Eine recht große Inselgruppe vor dem Great Barrier Reef – ein berühmtes Fotomotiv, beliebtes Urlaubsziel und einfach traumhaft schön.  Der Ort an sich ist klein und beschaulich und ein typischer Urlaubsort mit vielen Bars und Cafés und einer kleinen Lagune, die im nördlichen Australien in fast keinem Seeort fehlen dürfen, da man hier nie so recht weiß, ob man in dem Ozean planschen kann. Denn dort gibt es allzu oft Haialarm oder tödliche Quallen, mit denen ein Zusammentreffen  für den Menschen immer tödlich endet. Also wurden künstliche Lagunen angelegt, in denen man sich von der Hitze erholen kann. Und das Wetter war nun schon wirklich anders. In Brisbane haben wir nachts noch gefroren und auch in der Sonne war es noch sehr frisch. Aber nun hatten wir den Capricorn überkreuzt und kamen dem Äquator immer näher – und das merkte man. Das Klima ist milder und die Nächte sind keinesfalls mehr zum Frieren. So konnten wir also auch in Airlie Beach zelten. Carla hatte allerdings das Vergnügen die erste Nacht in einem Doppelzimmer zu verbringen, welches Charlie als Überraschung für sie gebucht hatte. Süß!!! Da wurde es uns, und den beiden Turteltaubern, dann wohl wirklich bewusst, dass es jetzt bald hieß endgültig Abschied zu nehmen. Eigentlich war unser Plan nur eine Nacht in Airlie Beach zu verbringen, uns das Fussballspiel Deutschland gegen Serbien anzugucken und am nächsten Tag weiterzufahren. Denn der nächste Abschnitt bis nach Mareeba waren nun noch über 600 km – und das an einem Tag ist bei australischen Strassenverhältnissen recht viel. Machbar, aber es war mit 10-12 Stunden Fahrt zurechnen.  Aber da es nun unser letzter Tag zusammen bedeutete – die Familie Christe/Hearn und die beiden deutschen Jungs, haben wir uns dazu entschlossen eine Tagestour auf die Whitsunday Islands zu buchen. Für 99 AU$ war es unsers! Und wir bereuen es keinesfalls. Auf der „Big Fury“, einem Speedboot, ging es also am Samstagmorgen los – auf dem Programm stand Schnorcheln in einer Bucht mit bunten Fischen, Korallen und sonst keiner Menschenseele – Gott sei Dank ließ sich bei uns auch kein Hai blicken. Danach ging es zum Whitehaven Beach. Ein Traum! Schneeweißer Sandstrand, kristallblaues Wasser, das ganz flach reinging, und der Urwald im Rücken – dazu ein köstliches Mittagessen und Sonnenschein. Der Whitehaven Beach gehört zu den schönsten Stränden weltweit und ist ein beliebtes Foto- und Filmmotiv. Und wir waren da! Dafür haben wir gerne die lange Fahrt am Sonntag auf uns genommen. Besonders Carla, denn sie hatte eine Begegnung mit einer Schlange. Es ist schon komisch, dass immer Carla auf diese Tiere trifft, wo sie doch am meisten Angst hat. Es gab am Whitehaven Beach, auf der Insel, eine Toilette, die etwas im Wald gelegen war und auf dem Trampelweg dorthin, ist Carla eine Schlange begegnet. Sie ist sofort umgekehrt und kam schreiend an den Strand gelaufen, was natürlich sofort die Aufmerksamkeit der Anwesenden wecket und auch die Australier waren sofort interessiert. Was für eine Schlange? Wie sah sie aus? Wo ist sie? Wie sich dann herausstellte, war sie wohl nicht besonders gefährlich, aber Carla war dennoch bedient. Da waren nun also schon etliche krabbelnde Tiere, die einem hier tagtäglich begegnen. Kakerlaken, Heuschrecken, komische Käfer, ein Lizard, eine Riesenmarde und eine Riesenspinne, wohl eine Hansman, die besonders gerne Carla über den Weg laufen. Dafür kam sie auch in den Genuss einen Koalabären auf den Arm zu nehmen und neben all den eher ekligen Tieren haben wir ja auch schon Kängurus, eine Riesenschildkröte, Delfine und andere tolle Tiere gesehen. Dies war also wieder eine tolle Exkursion der kleinen Carla Christe in die australische Fauna. Auf der Rückfahrt hatte ich besonders viel Spaß auf dem Boot – denn es war etwas frisch und alle sind nass geworden, da die Wellen so hoch ans Boot gepeitscht sind. Ich saß in der ersten Reihe und mir blieben die großen Wellen erspart, nur ein paar kleinere Spritzer kamen bei mir an, aber alle anderen waren wie geduscht – ein herrliches Bild, welches ich leider nicht mit meiner Kamera einfangen konnte, da ich Angst hatte, sie zu bei all dem Wasser zu benutzen. Bei der Ankunft im Hafen wurden wir mit einem wunderschönen Sonnenuntergang aber wieder versöhnt und die Kälte und Nässe waren vergessen.

Sonntagmorgen, 6.00 Uhr, aufstehen, Zähne putzen, Café bei McDoof holen und ab auf die Straße. Und Abschied nehmen nicht vergessen! Nun war es also definitiv – unser Traumpaar, Charla, würde sich für etwa 9 Monate nicht sehen. Aber der Abschied wurde dank mir kurz und schmerzlos gestaltet und wir hatten ja nun ein Ziel vor Augen – und wie wir nun nach 2 Wochen auf der Farm wissen, bleibt hier nicht viel Zeit zur Traurigkeit, weil man einfach keine Zeit hat zum Nachdenken hat.

Aber erst einmal zur Ankunft. Wir haben also für die letzten 650 km etwa neun Stunden gebraucht und hatten wunderschöne Landschaften während unserer Fahrt, die an uns vorbeizogen. Von den Bergen, über Steppe bis hin zum Meer. Die Gegend um Mareeba ist unheimlich bergig, mit viel Regenwald und Wasserfällen, man kann sich garnicht vorstellen, dass man nur etwa 60 km vom Meer entfernt ist und somit vom Great Barrier Reef. Mareeba selbst ist aber eher Steppe als Regenwald, aber dennoch ist es ein unheimlich schönes Fleckchen Erde, was uns hier so umgibt. Nur leider kriegen wir hier nicht viel davon mit – also, zu unserem Job.

Wir wohnen auf der Farm – im Pausenraum. Es leben noch 8 andere Mädels hier, davon sind 6 ebenfalls Deutsch, eine Französin und eine Belgierin. Zickenkrieg ist also vorprogrammiert. Die anderen 8 wohnen allerdings in einem anderen Haus, wo wir nur zum Kochen und Essen hingehen und uns dann zurückziehen können, wenn wir wollen. Der Pausenraum ist zwar nicht grad die schönste Unterkunft, aber wir haben unser eigenes Bett, einen Fernseher und ein eigenes Bad und müssen es nicht, wie die anderen 8, teilen. Zwar könnten wir rüberziehen sobald wieder zwei die Farm verlassen, aber das haben wir uns schon nach dem ersten Tag anders überlegt, da wir unseren Rückzugort sehr genießen und trotz Dreck nicht eintauschen wollen. Und es hat sich mal wieder gezeigt – Preussen und Bayern, das passt einfach nicht und die Franzosen werden in diesem Leben wohl auch nicht mehr meine besten Freunde. Aber wir haben hier recht viel Spaß mit ein paar Mädels und machen das Beste aus dem Ganzen. Denn die Farmerfamilie ist etwas verrückt. Oder bekloppt. Oder schizophren. Oder was auch immer. Ich fange von vorne an.

Es gibt Roberto, ein alter Italiener, der vor 40 Jahren etwa nach Australien kam und seit über 20 Jahren Basilikum anbaut. Er hat eine Frau, Carmela, und zwei Söhne und eine Tochter. Roberto ist ein absoluter Choleriker und man weiß nie wann sein nächster Ausraster kommt. Auf seiner Maschine arbeitet und pflückt man und unterhält sich nicht – und wehe man pflückt nicht schnell genug oder in seinen Augen falsch. Dann kann er schon mal ausrasten! Leider versteht man ihn recht schlecht, also man immer nur zustimmen und einfach weiter machen und hoffen, dass es die einzige Ansage für den Tag war. Manchmal kann er auch wirklich nett sein, besonders Carla scheint er zu mögen, obwohl auch sie deswegen nicht von seinen Ansagen sicher ist. Ich und drei andere Mädels haben es einen Morgen geschafft, dass er nach zwei Minuten mit uns auf der Maschine, die Maschine wieder verlassen hat und mit seinem Sohn gewechselt hat, weil wir angeblich unfähig wären. Seitdem sitz ich meist auf der Maschine von seinem Sohn Vince, was mir sehr gelegen kommt.

Vince, der älteste Sohn, welcher eigentlich auf der Farm arbeitet. Seine beiden anderen Kinder, Eric und Giovanna, haben eigene Farmen oder dergleichen. Vince möchte die Farm am liebsten übernehmen, worauf man doch als Vater eigentlich stolz sein sollte, aber Roberto scheint Vince nicht so recht zu vertrauen. Vince wurde, kurz vor unserer Ankunft, eine Affäre mit einem der Mädchen angedichtet – ob was dran ist oder nicht, weiß man nicht, aber seitdem ist sein Leben wohl nicht grad das angenehmste. Er hat Stress mit seiner Frau und „darf“ nichts mehr. Wenn man ihn fragt, ob er noch ein Bier mit uns trinkt oder zum Barbecue kommt: Darf er nicht!!! Seine Familie verachtet ihn nun noch mehr und vertraut ihm noch weniger. Nun darf seine Schwester sämtliche Angelegenheiten mit uns klären, obwohl sie noch nicht mal auf der Farm lebt. Und man sollte den Namen Vince nicht allzu oft in Gegenwart seines Vaters erwähnen sonst wird einem auch noch was angedichtet.  Dabei scheint Vince noch der normalste in dieser Familie zu sein. Mit ihm hat man wirklich Spaß auf der Maschine, darf lachen und reden und er lobt einen sogar und hilft einem. Und er startet Kuppelversuche – er hat mich schon seinem Freund David vorgestellt, denn ich bin ja schon 27 und müsste doch mal langsam einen netten Mann kennenlernen und David wäre wohl genau der Richtige… äh, nein Danke! David habe ich dankend abgelehnt und einen Umzug nach Mareeba strebe ich auch nicht gerade an. Dennoch ist es sehr witzig und mit ihm macht das Arbeiten wirklich fast Spaß. Leider gab es am Dienstag vergangener Woche eine lautstarke Diskussion zwischen Vince und seinem Vater, die man über die ganze Farm hörte. Da fallen dann so Wörter wie „Fuck you“ und dergleichen und es ist erschreckend wie Vater und Sohn miteinander umgehen. Tja, und seitdem ist Vince nicht mehr auf der Farm gesehen worden, was sehr zum Bedauern von uns Mädels ist. Wir hoffen, dass er am Montag wieder da ist, aber immerhin durfte ich die ganze Woche über eine Maschine alleine mit drei anderen Mädels eine Pflückmaschine führen – sehr zur Erleichterung aller. Man brauch hier also keinen Fernseher oder irgendwelche Soaps, denn die Geschichten kriegt man hier täglich auf dem Silbertablett geliefert. Auf der einen Seite ist es sehr belustigend, aber eigentlich auch sehr traurig was hier so passiert. Aber wir stehen ja Gott sei Dank außen vor und müssen „nur“ Robertos Launen ertragen, was man aber meist mit einem Grinsen leicht aushalten kann.

Unsere Arbeitszeiten erstrecken sich von 6.30 oder 7.00 Uhr morgens bis etwa 17.30 Uhr – manchmal kürzer, manchmal länger, aber im Durchschnitt kommt man so auf 10 Stunden täglich. 10 Stunden, die man auf dieser Maschine sitzt und pflückt, und pflückt, und pflückt, pflückt, pflückt, pflückt…. Manchmal darf man auch ins Lager und Packen oder Kisten machen für den Versand. Es ist der Wahnsinn was da so an Basilikum am Tag durchgeht. Und man sitzt auf dieser Maschine und verstumpft so langsam – am Ende des Tages denkt man nur noch: „oh, was für ein schöner Busch“ oder eben „der Busch gefällt mir nicht, zu verfressen, zu viele kleine Äste“ oder „oh, noch ein Zweig und noch ein Zweig und noch ein Zweig…“ oder „oh, jetzt machen wir Big Bunches, ob das wohl 120 Gramm sind? Mmh, wohl zu gross… egal. Besser zu gross als zu klein“… und so weiter. Also, wir pflücken und müssen auf der Maschine abschätzen, was für Bündel wir machen – es gibt 70 Gramm, 80 Gramm und 120 Gramm Bündel und das ist auch schon die größte Herausforderung bei diesem Job, die man aber nach wenigen Tagen meistern kann. Ansonsten machen wir immerzu das gleiche – 10 Stunden täglich, 6 Tage die Woche und manchmal auch sonntags für ein paar Stunden. Die Tage gehen dafür aber recht schnell um und wir verdienen einfach richtig gutes Geld. Denn durch die vielen Stunden summiert sich ordentlich was und man hat ja auch nicht wirklich viel Zeit etwas auszugeben. Mareeba ist mit etwa 10.000 Einwohner nicht gerade eine Weltstadt und hat nicht viel zu bieten und am Sonntag kann man dann mal nach Cairns fahren oder sich die Umgebung angucken. Heute ist allerdings unser erster freier Sonntag, den letzten musste ich gleich arbeiten. Ansonsten geht es uns ganz gut hier auf der Farm. Man erleidet ein paar Blessuren und Blasen an den Händen durch das Pflücken, hat ein paar Nebenwirkungen von den Pestiziden oder was auch immer die auf das Basilikum sprühen, denn es wächst wie Unkraut. Ich vertrage das Wasser hier nicht ganz so gut und Carla hatte die ersten Tage einen dicken Monster-Daumen, was sich aber auch schon wieder gelegt hat.  Dennoch lassen wir es uns natürlich nicht nehmen die Fussball WM zu verfolgen – dafür stehen wir nachts auch auf – und bis jetzt ja mit Erfolg.

Es ist schon lustig, dass wir bei einer italienischen Familie Basilikum pflücken… nicht wahr? Tja, man kann seine Wurzeln eben nicht verleugnen. Wir wollen hier etwa 10 Wochen bleiben, wenn wir es durchhalten, aber wir haben ja schon 2 Wochen davon geschafft. Und danach haben wir gutes Geld zusammen und können weiterfahren und unser Ziel verwirklichen – ihr erinnert euch…. Bali!

Mal gucken wann ich wieder etwas schreiben kann, denn auch Internet ist rar in Mareeba, aber es folgen bestimmt bald ein paar neue Geschichten von unserer kleinen Farm. Spätestens nach dem Rodeo, was hier in zwei Wochen stattfindet und DAS Ereignis des Jahres ist – und wir sind dabei. Ansonsten ist die Landschaft traumhaft schön und nächsten Sonntag werden wir nutzen, um in einem Wasserfall planschen zu gehen. Ach ja, wir haben etwa 28 Grad, eine angenehme Temperatur zum Arbeiten und kriegen eine schöne Bauernbräune!

Bis bald…..