Halbzeit
25 07 2010Nun sind wir also schon seit 5 Wochen auf unserer kleinen Farm – und 5 Wochen liegen nun noch vor uns! Zwischendurch würde man am liebsten alles hinwerfen und den kleinen, grünen Pflänzchen den Rücken kehren, aber meistens berappelt man sich dann wieder recht schnell und hat als große Motivation dann vor allem eines: Geld! Und eine Menge Spaß.
Was bisher geschah… der verlorene Sohn ist wieder aufgetaucht. Vince ist jetzt nun wieder unter uns und hat sich um 180 Grad gedreht, allerdings nicht grad zum Guten für uns – er scheint jetzt den Boss raushängen lassen zu müssen, was ihm allerdings nicht sehr glaubwürdig gelingt und somit ist er in unserer Gunst um einiges gefallen. Vor ein paar Tagen durften wir uns anhören, dass wir doch bitte den Mund zu halten haben während der Arbeit, schließlich sollen wir keinen Spaß haben sonst schickt er uns nach Hause. Ich habe mich für einen Moment in die Grundschule zurückversetzt gefühlt und musste denn herzlich in mich herein lachen. Ansonsten tangiert mich das sehr geringfügig, denn ich weiß, dass wir hier einen guten Job machen und hart für unser Geld arbeiten. Zudem ist das hier alles das reinste Entertainment und gleicht einem schlechten Film aus einer Vorstadt. Dafür hat sich auch sein Vater um 180 Grad gewendet. Es gibt eben immer den guten und den bösen Cop. Roberto scheint uns sehr zu mögen, besonders Carla, und somit haben wir ein leichteres Leben auf der Farm. Dadurch dass wir nun zu den Mädels gehören, die mitunter am längsten hier sind, eigentlich am längsten, da wir die letzte Woche eine Fuhre neuer bekommen haben, sind wir diejenigen die neue Mädels einarbeiten, die Maschinen führen dürfen und denen man vertraut. Roberto, unser kleiner Alkoholiker, war gerade erst vor ein paar Tagen bei uns abends im Haus und hat uns ein Bier ausgetan und mit uns gequatscht. Dabei hat er uns mal wieder interessante Dinge aus seinem Leben erzählt, warum er manchmal so sauer wird und aus der Haut fährt und dass er uns vermissen wird, wenn wir nicht mehr da sind, weil wir doch so fröhliche Menschen sind und er es toll findet, wenn zwei Schwestern so reisen, denn immerhin ist er auch damals mit seinem Bruder nach Australien gekommen. Wir haben festgestellt, dass er ein garnicht so schlechter Mensch ist, wenn man ihn und sein Vorgehen erst einmal versteht – und seine Sprache, die wir „Basil“ getauft haben, versteht. Carla ist sein Liebling, das hat er so wörtlich gesagt und nun fühlen wir uns viel wohler und haben keine Angst mehr vor jedem kleinen Ausraster oder Pups den er quersitzen hat. Wir lächeln drüber oder lächeln ihn einfach an und werden auch meist augenzwinkernd zurück angelächelt. Was hat sich noch verändert? Die Arbeit ist die gleiche stumpfsinnige tagein und tagaus. Wir pflücken Basilikum – meist grünen, manchmal aber auch Thai oder Purple Basilikum. Alles geht nach Schnelligkeit. Qualität zählt aber auch. Dann packen wir ab und zu und machen Boxen, welche wir dann mit Tüten bestücken, um dort dann später schnellstmöglich, wieder in Akkordarbeit, den Basilikum drin einzupacken. Zwischendurch darf man auch mal den Basilikum schneiden und waschen und ausschütteln und trocknen und dabei wenden – aber nur selten kommt es dazu, da wir zu gute Pflücker sind, als dass sie uns in das Lager stecken. Alles nicht sehr geistesanregende Arbeit und so kriegt man hier so langsam nach 5 Wochen das Gefühl zu verblöden, aber auch das werden wir verwinden.
Diese Woche kam eine neue Aufgabe hinzu. Wir haben Setzlinge, kleinen Babybasilikum, gezogen, welche daraufhin auf neuen Feldern wieder eingepflanzt wurden. Ich durfte aber diese Woche richtige Farmerarbeit leisten, denn ich durfte den Traktor fahren – das war toll! Nun versteh ich warum jeder kleine Junge gerne Traktor fahren möchte. Und ich „durfte“ die Bewässerungsanlage mit den Männern umsetzen, was mich ganz schön ins Schwitzen gebracht hat. Aber so vergehen die tage recht schnell, wenn man mal etwas Abwechslung drin hat und ich komme zu dieser Ehre, weil ich wie gesagt schon recht lange hier bin und sie wissen, dass ich was im Kopf habe (Zitat Vince!!!) und ich gutes Englisch spreche. Bei manchen Mädels hier kräuseln sich meine Fussnägel, wenn man sie Englisch sprechen hört, aber dafür sind sie ja wohl in Australien, um die Sprache zu lernen – wir haben eben andere Beweggründe. Und nun die Topstory der Woche: Ich bin in der Zeitung! Vor etwa eineinhalb Wochen war ein Reporter da, der Roberto interviewt hat und dann ein paar Fotos von uns gemacht hat – und ich bin drauf noch mit zwei anderen Mädels. In der „Townsville Bulletin“. In dem Artikel geht es darum, dass immer mehr Produkte aus dem Ausland über Neuseeland importiert werden und er ist zum Schreien komisch, denn dort heißt es:“Any oft he three backpackers could quit picking basil for Angelo any time and get a job as a supermodel, but they are laughing away … it‘s obious that they enjoy the work… It’s no wonder that Angelo is a happy man“. Ja, wir genießen unsere Arbeit und ja, natürlich sehen wir gerade auf dem Feld aus wie Supermodels. Unglaublich lustig, aber wer kann schon als backpacker behaupten in einer australischen Zeitung gewesen zu sein?! Und Roberto, alias Angelo, konnte dem Reporte nur beipflichten, dass ja besonders ich sehr hübsch aussehe auf dem Foto….
Neben der Arbeit! An den Wochenenden, die ja hier nur aus einem Sonntag bestehen sind wir bis jetzt oft nach Cairns gefahren. Einfach mal raus – weg von der Farm – unter Menschen. Dort haben wir uns noch zweimal mit Henning getroffen, unsere liebe, treue Seele, mit dem wir ja auch in Airlie Beach unsere Whitsunday Tour gemacht haben. Und hiermit möchte ich ihn gerne zitieren, und ihm für diese lieben Worten danken und sie gleichzeitig an all die tollen Menschen richten, die wir bis jetzt auf unserer Reise kennen gelernt haben:
„Bei einer Reise sind es nicht nur die Sehenswürdigkeiten, sondern vielmehr die wundervollen Menschen, wie ihr es seid, die meine Reise zu etwas ganz besonderem machen!“
Danke! Man lernt sicherlich viele Menschen kennen und hat mit vielen Spaß und interessante Gespräche oder teilt etwas anderes, aber wenige passen wirklich zu einem. Dennoch haben wir bis jetzt schon wirklich tolle Menschen getroffen und ich hoffe sie alle wiederzusehen. Auch hier auf der Farm hatten wir erst diese Woche drei Abschiede von drei tollen Mädels, die uns jetzt schon sehr fehlen. Man sucht sich eben seine „neue“ Familie so zusammen und ist immer wieder traurig, wenn man sie wieder verlassen muss – wie das eben im wahren Leben mit der Familie und den Freunden auch so ist.
Ansonsten versuchen wir am Sonntag immer etwas auszuschlafen, was uns bis jetzt noch nicht so gelungen ist. Es ist meist Waschtag. Und man möchte wie gesagt diesem Ort hier entfliehen. Letztes Wochenende stand allerdings ganz im Zeichen von Mareeba, denn es war Rodeo. Yihaa! Freitagabend ging s auf die Parade, welche durch die Stadt führte. Alle Einwohner von Mareeba, ganze 10.000, und das ganze Umland war gekommen, um dieses Ereignis nicht zu verpassen. Die Parade ist ein wenig wie Karneval, nur hundertfach kleiner. Umzugswagen, auf denen die zur Wahl gestellten Rodeoköniginnen sassen, Bonbons wurden geworfen, es war Rummel und sonstiges – und wir Basilikummädels mittendrin. Endlich mal was los in Mareeba. Endlich mal unter Menschen. Männer. Und viele Pferde. Das eigentliche Rodeo fand dann Samstag und Sonntag auf dem Rodeoplatz statt – etwa wie eine Manege – und die Cowboys unter sich, wie man es aus den Filmen kennt. Harte Jungs, ganze Männer, in Jeans, mit Hüten und Stiefeln, die auf Bullen und Pferden reiten und wie Helden gefeiert werden. Ein Volksfest auf Australisch. Und wir Mädels mittendrin in unseren karierten Blusen, ganz angepasst an die Umwelt. Allerdings waren wir erst am Sonntag auf dem Rodeo, denn am Samstag mussten wir wie immer arbeiten und waren abends bei unserer koreanischen Kollegin auf dem Campingplatz zum Dinner eingeladen. Sie hat für uns koreanisch gekocht, unglaublich lecker, und wir hatten einen ganz tollen, lustigen Abend und haben uns köstlich über ihre geringen Deutschkenntnisse amüsiert. Denn was lernt man immer zuerst in einer Fremdsprache? Die Schimpfwörter. Und das im Kanon mit ihrer Freundin, mit einem koreanischen Akzent, so dass man erst beim dritten Hinhören versteht, was eigentlich gemeint ist. Nach diesem kleinen Ausflug nach Asien ging es dann also am Sonntag wieder zurück nach Australien. Ins tiefste Australien – zum Rodeo. Wir haben gesehen wie Männer auf Bullen reiten, wer hält sich am längsten oder eben auf Pferden, die bocken. Manchmal konnte man garnicht hinschauen, weil es einfach nur grausam war und man Angst vor erst zunehmenden Verletzungen hatte. Tatsächlich hinkten einige Cowboys nach ihren Auftritten und auch für die Tiere ist es nicht wirklich angenehm. Aber im Großen und Ganzen war es ein Erlebnis, dass man in Australien zumindest einmal mitgemacht haben sollte – wir können es also von der Liste streichen. Außerdem waren wir gestern im Autokino. Für uns beide das erste mal überhaupt und hier auf dem Land der absolute Hit. In Mareeba gibt es gar kein anderes Kino sondern nur das Autokino. Man sitzt entweder in seinem Van hinten auf der Matratze, hat den Kofferraum offen oder mit Campingstühlen auf der Ladefläche seines Pick-Ups oder eben ganz normal im Auto. Es laufen zwei Filme, es gibt ein Cafe, in dem man sich mit Leckereien versorgen kann und den Ton kriegt man über Boxen, die man sich an die Fenster klemmt oder über eine bestimmte Radiofrequenz. So sitzt man dort also unter diesem wunderschönen, klaren Sternenhimmel und guckt Filme auf einer überdimensional großen Leinwand und kuschelt sich ins Auto. Einem Mädel von uns ist danach der van abgekackt, aufgrund des Radio, was über 3 Stunden lief, aber darauf ist man dort eingestellt, schliesslich passiert das dort des Wochenende. Und so war schnell Starthilfe gegeben und man wurde noch einmal schnell vor den Kängurus gewarnt, die derzeit vermehrt auftreten und ja gerade nachts gerne von den Scheinwerfern der Autos angezogen werden. In Deutschland warnt man vor Strassenglätte oder Rehen auf der Fahrbahn – hier eben vor Skippy.
So ergeht es uns also auf der Farm – und nebenbei. Wir haben viel Spaß und machen das Beste aus unserer Zeit und ab jetzt wird runter gezählt. Zudem planen wir gerade einen Trip nach Indonesien – die Reise nach Bali wird also ausgedehnt, aber es steht noch nichts genaues.
Und nun zu eurer aller Information: das Päckchen, welches wir am 12. April in Saigon/ Vietnam, mit der Post verschickt haben, ist gut im heimatlichen Hafen angekommen. Dort warten nun also unsere ersten Souvenirs auf uns.
Sobald es wieder tolle Geschichten von unsere kleinen Farm gibt, lasse ich es euch wissen. Bis dahin…
Kategorien : Allgemein, Australien
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