Oder auch Boganvill – oder liebevoll Derby Town. Es gibt viele Wörter, die diese Einöde hier beschreiben könnten, aber wirklich positiv wären sie wohl alle nicht.
Es liegt am Meer. Allerdings ist es das Meer hier eine braune Pampe und wegen Krokodilen sowieso nicht zum Schwimmen geeignet.
Die Sonne scheint ohne Unterbrechung. Dadurch ist es unerträglich heiß. Wir haben hier 40-45°C und eine hohe Luftfeuchtigkeit. Das heißt man kann sich eigentlich kaum bewegen, oder auch wenn man still sitzt, fließt der Schweiß. Deswegen hält man sich entweder im Pool auf, wenn draußen dann nur im Schatten oder in klimatisierten Räumen. Auch in der Nacht kühlt es nicht wirklich ab. Und wenn es regnet, gibt es eine kurze Abkühlung, aber danach ist es noch unerträglicher. Die Feuchtigkeit steigt aus der Erde und man fühlt sich erst recht wie in einer Sauna. Allerdings hat es bis jetzt nur etwa dreimal geregnet, aber bald fängt die Regenzeit an und dann wird es immer schlimmer mit schlimmen Stürmen und unerträglichen Temperaturen.
Das Boab Inn ist DIE Bar in der Stadt. Dennoch ist es die meiste Zeit recht ruhig und man langweilt sich dennoch sehr oft bei der Arbeit, weil einfach nicht genug Gäste da sind. Also putzt man, quatscht mit den netten Gästen und vertreibt sich die Zeit mit Eierschaukeln oder dergleichen. Allerdings gibt es die Freitagnacht. Da platzt die Bar aus allen Nähten, man kämpft mit besoffenen Leuten, die ihren nächsten Drink so schnell wie möglich haben wollen. Das ganze Theater dauert dann etwa 2 Stunden und ist es wieder gut für eine Woche. Also, ein bisschen mehr zur Arbeit. Das Boab Inn hat eine Bar, ein Restaurant, 37 Zimmer und einen Bottle Shop. Carla hat nur im Restaurant und der Bar gearbeitet. Ich hab zusätzlich noch Housekeeping gemacht. Da wir derzeit ein paar Leute zu viel sind, gab es für Carla nicht ganz so viele Stunden. Manchmal musste sie nur abends für etwa 4 Stunden arbeiten. Ich habe 5-6 Tage morgens im Housekeeping gearbeitet. Morgens früh um 6 oder 7 zur Arbeit. Die Bar putzen, das Restaurant, die Zimmer reinigen. Damit war ich etwa 4-6 Stunden beschäftigt, je nach Dreckgrad und Belegung des Hotels. Samstagmorgen war der schlimmste Morgen die Bar zu putzen. Ein Saustall. Ich weiß nicht, ob sich die Australier zuhause auch so benehmen, aber es ist teilweise im Restaurant mehr Essen auf dem Boden als auf dem Teller, die Drinks werden umgekippt, so dass der Boden klebt. Ich habe noch nie in Deutschland eine Bar putzen müssen, aber ich kann mir nicht vorstellen, dass es so extrem ist.
Als wir im Boab angekommen sind, waren wir Frischfleisch. Jeder Mann , und es sind überwiegend Männer, hat versucht uns abzuschleppen und das auf die übelste Art und Weise. Sehr unterhaltsam! Neben den alten Australiern, die noch sehr unterhaltsam waren und sich selber nicht so ernst nehmen, gab es die Arbeiter, die nur für eine bestimmte Zeit in der Stadt waren. Die waren die schlimmsten! Im Anbaggern und im Betrinken! Einen Abend ist ein Ire ausgeflippt. Er hatte mich zuvor öfter mal gefragt, ob ich nicht mit ihm ausgehen will, ich habe immer wieder verneint und meinte nur, wenn er sich mal benehmen würde. Damit hatte sich die Sache erledigt, denn r konnte sich nicht benehmen. Meist sturzbesoffen sass er an der Bar und wurde raus befördert. Dies ist nämlich auch eine Sonderheit in Australien. Man darf keine Betrunkenen mehr bedienen. Gut, wenn man das sehr eng sehen würde, also nach einer Stunde niemanden mehr. Aber zumindest die Leute, die sich nicht mehr klar artikulieren können oder nicht mehr gerade laufen können. Und das gab es öfter. Diese werden dann nicht mehr bedient oder sogar rausgeworfen. Denn wenn diese Leute einen Unfall bauen oder dergleichen, wird man als Bar mitschuldig gemacht und muss eine hohe Strafe zahlen, weil man ihnen ja den Alkohol serviert hat. Damit wird den Leuten die Verantwortung genommen, was ich eine Unart finde, aber was nur für die Ungereimtheiten dieses Landes sprechen. Deswegen wird gesoffen bis es kein Morgen mehr gibt, aber am morgen dann wieder und wieder und wieder. Dieser Ire kam am besagten Abend schon sturzbesoffen in die Bar und hat von uns keine weiteren Drinks mehr bekommen. Aber er darf etwas zu Essen bestellen, und das tat er dann auch. Er hat gegessen wie ein Schwein, ist beinahe bei eingeschlafen und ich hatte jeden Moment das Gefühl, dass er alles wieder erbricht. Dennoch gab er nicht auf, mich nach einem Date zu fragen. Nachdem die Security, die am Wochenende aufgrund solcher Zwischenfälle immer anwesend war, ihn schon mehrmals ermahnt hatte und ich ihn nach Hause geschickt habe, dachte ich es wäre nun beendet. Aber nein, er diskutierte in der Bar mit dem Manager, dass er doch nun einen Drink haben möchte. Nach 5 minütiger Diskussion wurde der Gute hangreiflich, griff nach einem Barstuhl und wollte ihn hinter die Bar werfen – auf uns, die dort alle als Zuschauer standen mit offenem Mund. Gott sei Dank, schaffte er es nicht und blieb am Regal hängen und hilfreiche Gäste sowie die Security waren schnell zur Stelle, um ihn nach draußen zu befördern. Kurz darauf kam die Polizei, der Gute bekam für ewig Hausverbot und damit hatte sich die Sache. Und das war nur ein Zwischenfall von vielen, meist kam zumindest einmal am Wochenende die Polizei, um sich um einen Volltrunkenen zu kümmern. Allerdings gab es auch friedfertige Alkoholiker wie Darryl, unser alter Buschmann, der tagein tagaus an der Bar sass und sein Bier getrunken hat und uns Geschichten erzählt hat und den man mit seinem Charme einfach nur mögen konnte. So ist das eben in einer Countrytown wo Alkoholismus fast jeden betrifft. Denn dort gibt es, traurig aber wahr, nichts anderes zu tun. Derby hatte noch nicht einmal ein Kino oder dergleichen. Nur 3 Bars, zwei Supermärkte, den Jetty zum Fischen, wobei Fischen auch nur ein Synonym für Trinken ist, einen Sportplatz und sonst nichts. Nicht zu vergessen den Boab Prison Tree, der als Touristenattraktion zählt, aber in 2 Minuten abgehakt ist. Der Prison Tree, Gefängnis Baum, ist ein uralter Boab Baum, der groß und innen hohl ist und zu Einwanderungszeiten von den Weißen als Gefängnis für die Aborigines genutzt wurde.
Da kommen wir zum nächsten Punkt, die Aborigines. Carla und ich hatten zuvor viele Geschichten gehört und keine davon war wirklich positiv. Mädels die bedrängt wurden, Jungs die überfallen und zusammengeschlagen wurden. Aborigines die immer besoffen sind und um Zigaretten und Geld schnorren. Aber wir wollten uns ein eigenes Bild machen und Derby war perfekt dafür. Eine Hälfte der Bevölkerung waren Aborigines. Und leider haben sich viele Vorurteile bestätigt. Dennoch ist dies sehr zwiespältig, denn die „Australier“, die Weißen, haben sich das selbst zu zuschreiben und somit weiß ich nicht so recht, wie ich das beschreiben soll. Es ist einfach nur ein trauriges Bild. Tagsüber laufen sie in bisschen wie Zombies durch die Gegend. Sitzen unter Bäumen und besaufen sich – nicht wirklich anders als der Rest. Aber sie riechen übel. Ja stinken sogar, man hört sie schon von weitem mit ihrem schlurfenden Gang und man riecht sie. Wir durften sobald es dunkel ist, nicht mehr alleine auf die Strasse gehen, aus Angst vor Überfällen und Übergriffen, gerade auf uns Mädels. Dennoch wurde ich beklaut.
Unser Haus ist sicher gewesen. Wir haben in einer guten, sicheren Gegend gelebt und unser Haus wurde respektiert. Allerdings habe ich ab und zu mal woanders genächtigt und dort war es wie in der Bronx. Die Aborigines saßen vor ihren „Häusern“, volltrunken, haben rumgeschrien und haben schon mehrmals versucht in das Haus einzubrechen. Einbrechen ist hier das falsche Wort, sie laufen einfach rein und stöbern und falls jemand zuhause ist, werden sie halt verscheucht. Sie haben nichts mehr zu verlieren. Also, ich wurde beklaut während ich schlief. Ich habe zuvor noch Carlas MP 3 Player aus dem Auto mit ins Haus genommen, weil ich dachte da wäre er sicherer und sonst hatten wir keine Wertsachen im Auto. Denn das Auto ist leicht zu knacken. Meine Handtasche lag neben dem Bett und am nächsten Morgen war der MP3 Player weg, mein Geld, Gott sei dank hatte ich nur etwas Bargeld dabei und keine Brieftasche, meine Zigaretten, Feuerzeuge, ein Ohrring und ein Kondom waren weg. Verschwunden. Außerdem sind in derselben Nacht sämtliche Kühlschränke, nur der Alkohol, geplündert worden und von einem anderen Mädel waren ebenfalls Sachen verschwunden, die im Wohnzimmer lagen. Erstens ist es ja schön, dass sie Kondome klauen und somit auch sicher sind. Aber es ist ein ganz mulmiges Gefühl zu wissen, dass jemand in dem Zimmer war während ich schlief. Und niemand hat es mitgekriegt! Immerhin lag ich nicht allein im Bett, sonst wäre es noch unheimlicher und wer weiß, was sonst passiert wäre.
Also, ich habe meine Erfahrung mit Aborigines gemacht – und es reicht ! Man kann natürlich nicht alle über einen Kamm scheren, aber leider bleibt einem doch immer das Negative im Gedächtnis. Wir haben natürlich auch nette Aborigines kennen gelernt, aber sie haben es schwer sich zu integrieren oder besser gesagt, akzeptiert zu werden. Wie gesagt, es ist eigentlich eine traurige Geschichte. Wir haben uns ein bisschen mit der Geschichte Australiens beschäftigt und es ist nicht gerade nett, was mit den Ureinwohnern passiert ist und man ist sich erst seit kurzem anscheinend bewusst, dass man etwas falsch gemacht hat. Aber das sprengt hier eindeutig den Rahmen. Allerdings ist es kein leichtes Gesprächsthema, wenn man sich mal mit Australiern darüber unterhalten will. Ähnlich wie mit dem Zweiten Weltkrieg und den Deutschen.
Naja, mir geht es ja trotzdem gut und uns ist nichts passiert. Nach diesem Zwischenfall habe ich auch nicht mehr woanders genächtigt, sondern hatten dann Besuch bei uns im Haus, was nicht unbedingt zur Zufriedenheit unseres Bosses war. Allerdings scheint er es erst gestern, nach unserer Abfahrt, erfahren zu haben, von daher kann es uns egal sein.
Man war dort dauer überwacht. Bei der Arbeit waren überall Kameras, auf der einen Seite zur Sicherheit wegen zahlreichen Zwischenfällen, aber auch an Orten, wo nur Mitarbeiter Zutritt hatten. Etwas was in Deutschland niemals erlaubt wäre. Es gab zahlreiche Regeln wie man sich zu verhalten hatte, wann und wo – und das betraf ebenfalls unser Privatleben. Wenige von uns haben sich daran gehalten, aber man war immer auf der Hut. Kein schönes Gefühl als Erwachsener Mensch! Dennoch hatten wir eine sehr schöne Zeit. Fünfeinhalb Wochen viel Spaß, nete Leute um uns herum und ein tolles Zuhause.
Das Haus. Wir waren zwischen 9 – 13 Leuten die dort gelebt haben. Es waren quasi drei Häuser auf einem Grundstück. Drei Badezimmer. Eine Küche. Ein Wohnzimmer mit vielen Sofas und einem Riesenfernseher und DVD Player. Ein Garten mit einem wunderschönen Pool, in dem wir täglich Abkühlung gesucht haben oder der nachts zu einem Partyraum umfunktioniert wurde. Wir hatten eine tolle Zeit.
Unsere Mitbewohner. Lisa, die 19jährige Münchnerin, die wir als kleine Schwester adoptiert haben und in unser Herz geschlossen haben. Wenn sie betrunken war, hatte sie keine Grenzen. Mark, unser Koch, der sich wohl unsterblich in Carla verliebt hat. Dennoch gab es keinerlei Probleme und haben ihn als unseren trockenen Engländer ins Herz geschlossen. Sara und Alex, sie Finnin, er Kiwi, ein Paar. Haben auch viel als Paar gemacht, aber sie war göttlich und war er war ein dickhead. Steve, unser Uralt Australier, der den Bottleshop gemacht hat. Ryan und Kim – ein Traumpaar. Er Australier wie er im Buche steht – Veggiemite Sandwich, Fischen, Trinken, harter Arbeiter, toller Humor, ein Spaßvogel. Sie Engländerin, die sich unsterblich in ihn verliebt hat und nun wohl bald geheiratet wird. Er hat unter anderem unsere Luzie wieder frisch gemacht – Ölwechsel, Schaltbox gerettet und unsere Klimaanlage geht auch wieder. Carl, unser liebster Engländer, der sich gern mal auszog und nackt in den Pool sprang – auf seinem Arsch hat er tätowiert „I am drunk“. Mit ihm hatten wir mitunter den meisten Spaß und er hatte die lustigsten Geschichten. Das witzige war, er war ungefähr einen Kopf kleiner als wir, und wir nannten ihn liebevoll Zwerg. Beau, ebenfalls Australier und sehr nett, und Lukas, sehr doof, wurden in unseren ersten Wochen gefeuert und hatten daher keinen so großen Einfluss. Dafür kamen die letzte Woche zwei wirklich dumme Mädels, die noch viel Spaß haben werden mit unseren Liebsten. Wir nennen sie „Dumm und Dümmer“!
Und neben unseren Mitbewohner gab es auch noch andere nette Leute als Gäste in der Bar, die nicht nur dauerbetrunken waren, und zu Freunden wurden. Der eine ein engerer Freund, manch anderer eben nicht.
So, war also unsere Zeit in Derby. Sie verging schnell, vielleicht etwas zu schnell, denn auch wenn dort nicht so viel zu tun war, wären wir wahrscheinlich noch länger geblieben, wenn wir die Zeit gehabt hätten, weil man sich einfach zuhause gefühlt hat aufgrund des tollen Hauses und der tollen Leute. Dennoch waren viele Tage von Langeweile bestimmt und so ist es wahrscheinlich besser, dass wir weiterkommen!
Nun, wir haben am Dienstagmorgen, also 30.11., Derby verlassen und sind auf unserem Roadtrip – Melbourne bis Weihnachten. Das sind etwa 6000 km in 3,5 Wochen. Ein Klecks!
Aber dies wird wieder eine andere Geschichte!
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Unser Zimmer
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Boab Prison Tree
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Gefangen im Baum! Unheimlich!
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Jetty – dadrunter lebt ein Riesenkrokodil
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Das Meer
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Unser Nachbar – in Pferd!!!
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Backyard
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Unser Pool
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Dieses Getier haben wir zuvor aus dem Pool gerettet
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Restaurant
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Ryan unter Luzie beim Ölwechsel
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Carla färbt Spülwasser … vor Langeweile in der Küche
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The typical Ozzie
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Unsere gute Seele Darryl – er nennt das Boab seine Kirche
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Sara & me at work – langweilig!
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Wir reinigen den Pool – stolz wie Oskar!
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Unser Wohnzimmer
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Carla und Mark
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Unsere Strasse – Stanley Street
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Our house, in the middle of the street
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