Auch, wenn wir mal wieder garnicht mehr in Dalat weilen (wir waren dort von Dienstag 06.04. – Donnerstag 08.04.), denn die Reise muss ja weitergehen, MUSS ich darüber noch einiges schreiben. Denn wir hatten dort einen unserer schönsten, informativsten und lehrreichsten Tage seit wir in Vietnam sind.
Dalat ist eine recht hübsche Stadt, die mitten in die Berge vom südlichen Vietnam gesetzt wurde. Demnach ist sie ziemlich bergig und die Straßen sind klein und die Häuser sind bunt. Drumherum findet man eine spektakuläre Landschaft, bei der man vor lauter Staunen und Schönheit den Mund nicht mehr zukriegt.
Wir sind also nach einer holprigen Busfahrt am Dienstagmittag in Dalat angekommen und haben unser süßes, pinkes Hotel bezogen. Hotel Villa Pink House!!! Wir hatten ein riesiges Zimmer, das größte bis jetzt, mit einem Balkon mit Blick über die Stadt und die Berge. Schon da waren wir verliebt in diese Stadt und das Hotel. Dann begegnete uns der Eigentümer, oder der Sohn der Eigentümer, Rot und es war ganz um uns geschehen. Rot ist ein unglaublich lustiger Kerl, der mich diesmal heiraten wollte, und uns eine tolle Tour versprochen hat, wenn wir am nächsten Tag mit ihm mitfahren würden. Er macht Motorbike Touren, aber nicht welche auf der typisch touristischen Route, sondern in sein Heimatdorf und auf einheimische Märkte, Kaffeplantagen und dergleichen, wo sich sonst kaum ein Weißer hin verirrt. Und ein Wasserfall, weswegen ich unbedingt in diese Gegend wollte, war auch mit dabei. Also fackelten wir nicht lange und buchten bei ihm die Tour. Danach haben wir Dalat noch ein wenig zu Fuß erkundet, sind in den Flowers Garden gegangen, der uns vorher als wunderschön verkauft wurde, aber nicht wirklich spektakulär war. Sind um den ausgetrockneten See gelaufen, dieser wurde trocken gelegt, um eine Brücke zu bauen und haben die Düfte auf dem Markt eingeatmet. Dalat ist eine schöne Stadt, die zwar versucht sich sehr auf Touristen umzustellen, es gibt dort sogar ein Sofitel und ein Novotel, aber dennoch nichts von ihrem Charme und Ursprünglichkeit verloren hat. Der Abend endete noch mit einem kurzen Treffen mit ein paar Leuten, die wir noch aus Nha Trang kannten und mit einem lustigen Gespräch mit zwei deutschen Jungs, Lukas und Oliver, die auch bei uns im Hotel wohnten und mit denen wir uns für den nächsten Abend zum Karaoke singen verabredet haben. Nun musste es aber früh ins Bett gehen, denn wir mussten am nächsten Morgen wieder früh raus, denn die Tour sollte um 7 Uhr morgens beginnen.
Mittwoch. Sieben Uhr. Es ging los und es sollte in toller Tag werden. Wir waren 8 Leute und vier Fahrer. Vier fuhren selber, nur ich und Carla sowie ein älteres, sehr lustiges, englisches Ehepaar saßen bei anderen hinten auf dem Motorbike drauf. Carla und ich hatten zwei Mädels als Fahrerin, die wirklich sehr sicher gefahren sind und wir konnten so einfach nur in die Landschaft gucken, uns den Fahrwind um die Nase fegen lassen und genießen. Der Weg führte uns durch die Berge, die noch in der Morgensonne ganz diesig lagen und mit einer grünen Decke überzogen waren. So grün, dass es schon fast blendete. Die grüne Decke besteht teilweise aus dichten Pinienwäldern oder aus einem tropischen Mix, mit Pflanzen, die wir in Deutschland noch nie zu Gesicht bekommen haben. Unser erster Stopp führte uns zu einer Grillen- und Skorpionfarm. Hier wird natürlich wieder alles gegessen und eigentlich essen sie diese Getiere nur, weil sie sie auf Feldern finden und grillen. Aber hier gab es nun die einzige Farm weit und breit um diese „Köstlichkeiten“ zu züchten. Und wir durften in den Genuss kommen, sie zu betrachten und natürlich auch zu probieren. Skorpion wurde ausgelassen, aber ein paar frittierte Grillen kamen auf den Tisch und jeder durfte zugreifen. Nach einer kleinen Überwindungsphase griff ich also beherzt zu und zack – runter damit! Das gute war, dass sie in einem dünnen Teig frittiert waren und nur ein paar Fühlerchen und Beine rausgucken, aber man konnte so nicht wirklich erkennen was es war. Und vom Geschmack her, war es nicht so schlecht. Eigentlich schmeckte es nur nach Frittierfett und etwas Chillisosse, in die ich es vorher getunkt habe. Nun kann ich also behaupten, dass ich Grille gegessen habe – Carla hat sich natürlich nicht überwunden und hat sich bei dem Gedanken daran schon geschüttelt. Ich musste danach dennoch einen großen Schluck Wasser nehmen, denn ich hatte das Gefühl das mit die Beinchen zwischen den Zähnen hängen. Dies war also das erste Highlight des Tages und es sollte noch einige folgen. Rot war ein toller Fremdenführer und erklärte uns alles in seinem perfekten Englisch. Weiter ging die Fahrt in eine Seidenfabrik. Dort wurden die Seidenraupen gezüchtet und wir haben gesehen, wie sie aus den Kokons die Seide gewinnen. Ganz dünne, feine Fäden spinnen sie und zusammengeführt ergeben sie ein festes Garn, aus dem man dann Stoffe weben kann. Dies geschah alles unter einem Dach. Faszinierend! Die Würmer werden dann auf dem Markt als Lebensmittel verkauft, so dass kein Abfall entsteht. Das Garn fühlt sich an wie dickes, weißes Haar – ganz weich und glänzend. Auf den Webstühlen werden dann tolle Muster in den Stoffen verarbeitet und weil noch alles weiß ist, wird es zum Schluss noch eingefärbt. Natürlich konnte man sich dann auch dort die Endprodukte angucken und käuflich erwerben. Ein Seidenschal für 3 Euro – wer kann da „Nein“ sagen?!
Wieder auf die Motorräder geschwungen, ging es weiter zu einem tollen Wasserfall. Er lag recht versteckt und schmetterte plötzlich tausende Liter Wasser vom Felsen. Trotz Trockenzeit war er gefüllt mit Wasser, denn sein Ursprung lag hoch in den Bergen und so konnten wir uns eine kleine Erfrischung gönnen. Wir kletterten also runter – über Felsen, durch den dichtbewachsenen Urwald zum Wasserfall und konnten mal wieder nur staunen und es uns gut gehen lassen. Das Spritzwasser machte uns ganz nass, was allerdings eine willkommene Abkühlung war. So dicht bin ich bis jetzt noch nie an einen Wasserfall herangekommen. Und seit ich in Zimbabwe bei den Victoria Falls war, habe ich eine Faszination für Wasserfälle, aber dies war schon ein besonderes Erlebnis – man konnte quasi zugreifen. Mit nassen Klamotten ging es weiter – diese sollten aber schnell trocken in der Sonne und dem Fahrtwind.
Über die Berge, vorbei an Reisfeldern und Kaffeeplantagen ging es nun in das Heimatdorf von Rot. Seine leiblichen Eltern leben dort noch immer. Er wurde mit 12 von den Hotelbesitzern adoptiert, die ihm eine gute Schulausbildung und ein Tourismussstudium ermöglichten, da seine Eltern, mit 6 Geschwistern, dazu zu arm waren. Zwischendurch hielten wir aber noch an einer Kaffeeplantage an und er erzählte uns, wie dieser geerntet wird und wie er schon manch einer Familie zu viel Wohlstand gebracht hat. Denn vor zwei Jahren war der Kaffeepreis so hoch, dass auch seine leiblichen Eltern zu etwas Geld gekommen waren und sich ein schönes Haus bauen konnten. Auch den vietnamesischen Curry zeigte er uns, den man nicht nur als Gewürz nutzen kann sondern auch als Farbe, zum Beispiel Lippenstift. Also malte er uns allen fleißig die Lippen bunt – und mir leider fast das ganze Gesicht. In seinem Heimatdorf angekommen, haben wir die Motorräder abgestellt und sind durch das Dorf gelaufen. Dort haben wir eine Familie besucht, die einem bestimmten Volk angehört, dessen Namen ich leider vergessen habe. Sie sprechen eine andere Sprache, die Rot auch flüssig beherrschte. Das Volk ist sehr arm und hat besondere Bräuche. Wir saßen bei einer Frau in der Hütte, denn mehr war es nicht – eine Holzhütte, die uns von ihrer Geschichte erzählte. Ein Brauch ist unter anderem, dass die Männer von der Familie der Frau gekauft werden. Es ist also eine arrangierte Ehe, meist ohne Liebe. Je nachdem wie jung und fit der Mann ist, umso mehr kostet er. Oder wenn es der einzige Sohn der Familie ist – dann ist er besonders teuer. Bezahlt wird in Büffeln oder Wassern oder anderen Dingen, die für uns nicht unbedingt Wert hätten. Der Mann muss dann viel arbeiten, wohnt bei der Familie der Frau und wird teilweise wie ein Sklave behandelt. Ziel einer Familie ist es, all ihre Kinder zu verheiraten – besser ist es dann natürlich mehr Söhne zu haben, um reicher zu werden. Denn Töchter bedeuten immer erst einmal Ausgaben. Dennoch ist es gut zumindest eine Tochter zu haben, damit diese mit ihrem gekauften Mann bei der Familie wohnen bliebt und sich später um die Eltern sorgen kann. Der Mann von der Frau, die wir besucht haben, wurde ihr wieder weggenommen. Denn sie waren aus Liebe zusammen, sind damals in den Dschungel geflüchtet und haben 5 Kinder zusammen. Ihre Familie war zu arm, den Mann zu kaufen, und die Familie war darüber nicht sehr erfreut. Sie kamen sie eines Tages und haben den Mann mitgenommen, um ihn an eine andere Frau zu verheiraten. Dies ist nun vier Jahre her und seitdem hat sie ihren Mann nicht mehr gesehen. Eine sehr traurige Geschichte, die uns alle sehr rührte und die Gegensätze zu unserer Kultur verdeutlichte. Zumal ihre Lebensumstände so arm waren und sie fünf Kinder durchbringen musste. Dennoch hatte sie einen tollen Humor und erzählte uns ganz offen von sich und ihren Kindern. Auch Rot lebt nach anderen Vorstellungen. Bei ihm ist es so, dass man die Frau aussucht und der jüngste Sohn mit seiner Frau bei der Familie des Sohnes lebt. Wenn die Eltern sterben, bekommt der jüngste Sohn alles überschrieben. Nach einem köstlichen Mittagessen, welches uns seine Schwester zubereitete, saßen wir beisammen und Rot erzählte uns noch weitere Unterschiede zu unserer Kultur. Ich versuch hier mal ein paar wiederzugeben:
- Sie mögen große Nasen, große Augen und weiße Haut – alles was sie nicht haben. Deswegen finden sie uns so schön und vermummen sich, um nicht braun zu werden
- Auch dick sein ist ein Zeichen für Schönheit, denn es bedeutet, dass man wohlständig und gesund ist
- Die vietnamesische Sprache ist komplett anders als die Deutsche oder Englische. So gibt es unter anderem 7 Bedeutungen für ein und das gleiche Wort, welches nur ein anderes Accent trägt und ein bisschen anders ausgesprochen wird
- Er hat uns Handzeichen erklärt – der Mittelfinger bedeutet hier nichts, es ist nur eine Zahl; allerdings sind gekreuzte Finger, also bei uns ein Zeichen für Glück (fingers crossed), das Zeichen für „fick dich“; man verbeugt sich nicht beim Bedanken, das ist abwertend; man winkt die Leute anders zu sich als wir es in Europa tun – so macht man es hier nur mit Hunden
- Frauen trinken nicht, rauchen nicht und gehen nicht aus am Abend – nur an einem Tag im Jahr (Frauentag) dürfen sie all dies tun und richtig die Sau raus lassen – dennoch gibt es auch hier ein paar Ausnahmen gerade in den Großstädten
- Sie essen Hunde und Katzen – und so ziemlich alles was kreucht und fleucht
- Zur Hochzeit kommen hunderte, ja fast tausende von Menschen, da jeder jeden mitbringen darf. Man muss für alle etwas zu Essen parat haben und dementsprechend ist eine Hochzeit immer sehr kostspielig und aufwendig, aber eine große Party. Er selber ist manchmal schon auf eine wirklich völlig fremde Hochzeit gegangen und hat sich durchgegessen – allerdings sollte man als Gast immer ein Geldgeschenk übergeben, welches der Beziehung zum Ehepaar angemessen ist
- Man kann auf dem Markt Geschenke für die Toten kaufen – sie feiern nicht die Geburtstage sondern die Todestage, an denen man Geschenke aus Papier (wie Handys, Klamotten, Autos, Roller, Geld – quasi alles) verbrennt und den Toten mit einer großen Feier gedenkt. Ein toller Brauch, wie wir finden.
Neben dieser kleinen Kulturstunde gab es ein paar einheimische Früchte, natürlich die üblichen Verdächtigen, aber auch Obst für das wir in Deutschland noch nicht einmal Namen haben. Es sollte nun ein besonderes Dessert folgen. In einem Bananenblatt verpackt, dachten wir erst an Sticky Rice- aber Rot stellte es uns als vietnamesische Schokolade vor und jeder durfte einmal abbeißen – so machte es die Runde und es schmeckte wirklich süßlich, etwas nach Tee und war gefüllt mir Kokosnuss. Wieder bei ihm angekommen, klärte er uns auf, was wir da gerade wirklich gegessen haben: Kuhkacke!!! Besser gesagt Kälberkacke! Die Kälber bekommen speziellen Gras zu Fressen und die Kacke wird dann vier Stunden eingekocht und raus kommt eine zähe Masse, die wir eben zuvor zu uns genommen haben. Gut!! Wir schluckten alle noch einmal und fanden uns damit ab, nun nach den Grillen auch noch Kuhkacke gegessen zu haben – und auch Carla diesmal.
Nach einem fast zweistündigen Aufenthalt in dem Dorf, noch ein paar lustigen Trinkspielchen (ohne Alkohol) ging es wieder zurück Richtung Dalat. Auch hier machten wir noch einmal einen Stopp bei einer Pilzfarm. Wieder im Hotel angekommen, tat uns alles weh – besonders der Hintern und die Finger kribbelten. Aber es war ein toller Tag. Wir haben so viel gelernt und die Landschaft ist einfach atemberaubend schön – alles wie in ein grünes Kleid gehüllt.
Nach einer kurzen Pause, haben wir uns dann zum Abendessen getroffen und Rot hat uns in ein lokales Restaurant geführt, wo wir uns den Bauch vollschlagen konnten. Dort gab es besondere vietnamesische Spezialitäten und ich hatte einen ganzen Fisch auf dem Teller. Nicht hingucken – lecker!
Danach ging es dann los zum Karaoke singen in Begleitung von den holländischen Mädchen, Joany und Marloes und den deutschen Jungs, Oliver und Lukas. Aber das ist nicht etwa wie in Deutschland – nein. Man mietet eine eigene Kabine an und kann in Ruhe, in seiner Gruppe, singen. Und das taten wir dann! Aus vollem Herzen. Es gab genug englische Songs und wir haben uns durch die Vielfalt durchgesungen. Es war nach anfänglicher Schüchternheit, die schnell verflogen war, unglaublich witzig. Da wir ja generell gerne singen, egal wo, war es genau das richtige für uns, auch wenn wir es natürlich nicht können. Leider ging das nur bis Mitternacht, dann wurden wir bitterhart rausgeschmissen – ob das wohl an unserer Sangeskunst lag? Wir denken nicht. Danach ging es ins Hotel, da leider nicht mehr so viel geöffnet hatte. Aber da wir ja ein großes Zimmer plus großem Balkon hatten, konnte es dort weitergehen und es wurde noch eine lange Nacht. Dass wir am nächsten Morgen wieder um 7 Uhr abgeholt wurde, geriet völlig in Vergessenheit – aber man kann ja auch immer im Bus schlafen – dachten wir zu diesem Zeitpunkt zumindest noch.
Alles in allem war dies einer unserer besten Tage. Wir haben unglaublich viel gelernt und viel gesehen und erlebt. Nun konnte es wieder zum Entspannen nach Mui Ne, an den Strand, gehen.
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Eine von vielen Karaoke Bars
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Dalat City
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Der ausgetrocknete See
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Blick von unserem Balkon am Morgen
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Mein Frühstück
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Yummy… eine Grille!!!
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Seidenraupen
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Unter dem Wasserfall
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Unserer „Reisegruppe“
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Karaoke singing…
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Landschaft
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Blick von unserem Balkon zum Sonnenaufgang
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